Auffällig sind sie … Frauen und Männer, alt und jung mit zu groß anmutenden Skateboards unter dem Arm oder am Rucksack – immer häufiger werden sie in der Innenstadt oder im Umland von Göttingen gesehen. Wer sie beim Fahren beobachtet, fühlt sich an das Surfen erinnert. Denn daher kommt die Idee des Longboardens schließlich auch her. Einst fast ausgestorben und unter der Disziplin des Skateboardens verbucht, erfreut sich das Longboarden heutzutage an einer immer größer werdenden Anzahl von AnhängerInnen.
Alles fing beim Surfen an.
Die Damen und Herren, die sonst im nassen Element unterwegs und auf Wellen angewiesen sind, wollten mit dem gleichen Gefühl Distanzen auf dem Festland überbrücken. Um dies möglich zu machen, wurden breite Rollen auf zwei Achsen montiert und unter ein Surfbrett geschraubt: das Longboard inklusive Surfgefühl wurde geboren.
Als die Longboards endlich in den Städten Trend wurden, wirkten sie zu klobig. Es war schwer, mit den großen Brettern auf Bordsteine zu gelangen oder andere Hindernisse zu überwinden. Kleinere Bretter mussten her.
Kleinere Rollen, kleinere Achsen und ein viel kleineres Brett ermöglichten das und brachten die bekannten Skateboards hervor. Die Longboards verschwanden erst einmal in der Versenkung und galten, wenn doch einmal gesehen, als exotisch. Das hat sich in den letzten 2 Jahren geändert und ist somit fast zur Trendsportart avanciert.
Trend ja, aber wieso Sport?
Wenn ein Longboarder überholt wird, dann erscheint dieser Sport nicht anstrengend. Zu locker scheinen die Bewegungen, zu entspannt wirkt das Fahren. Gerade Strecken sind ohne Probleme zu bewältigen, doch bei Steigungen spielt das pushen die zentrale Rolle. Als Pushen wird das Schwung holen bezeichnet. Einer der beiden Füße – und am besten auch das Körpergleichgleichgewicht – sollten auf dem Longboard bleiben. Mit dem anderen Fuß wird Schwung geholt. Der Longboarder stößt sich immer wieder vom Untergrund ab, sodass auch bergauf Geschwindigkeit gewonnen werden kann. Auffallend ist: Man ist wesentlich schneller unterwegs als zu Fuß und mehr Spaß macht es auch noch!
Kennt die Technik!
Schon häufiger lag das Geheimnis im Detail. Das Brett mag im Vordergrund stehen. Es zieht die Aufmerksamkeit auf sich, doch was bei vielen zählt, sind die Achsen und Rollen. Die Achsen – auch Tracks genannt, haben unterschiedliche Breiten, welche das Verhalten in den Kurven und somit die Wendigkeit enorm beeinflussen. An den Achsen befinden sich Bushings, Lenkgummis, die den Neigungswinkel der Achsen mithilfe verschiedener Härtegrade verstärken oder reduzieren. Während das Kugellager für die Rotationsgeschwindigkeit der Wheels (Rollen) sorgt, unterscheiden sich diese in Höhe, Breite und Härte.
Das Kernstück.
Das Brett unterscheidet sich in Form, Länge und Material. Alle Details können auf individuelle Vorlieben und körperliche Eigenschaften abgestimmt werden. Die Länge liegt zwischen 80 cm und 1,50 m. Längere Longboards sind biegsam und garantieren somit mehr Wendigkeit und eignen sich gut zum Cruisen in der Stadt oder in kurvigen Gebieten. Kürzere und härtere Bretter eignen sich gut für das Downhill fahren – für schnellere Fahrten bergab – bei der nebenbei bemerkt der Weltrekord bei knapp 130 Kilometer die Stunde liegt. Das Brett besteht meistens aus Holz, Kunststoffmixturen oder einer Mischung aus beiden Materialien.
Wo fahren?
Unangenehm wird es auf unebenen Untergründen. Dreck und Regen sind die Feinde des Longboards.
Die Rollen brauchen Grip. Regen, Erde, Kies, Laub und Sand können demnach ein ungewolltes Ausbrechen des Longboards verursachen. Das kann beim gemütlichen, entspannten Cruisen noch leicht zu händeln sein, bei höheren Geschwindigkeiten wird das aber schnell gefährlich. Bürgersteige, Fahrradwege und Straßen: Hier macht das Fahren Spaß. Je glatter der Untergrund, umso angenehmer ist es, mit dem Longboard unterwegs zu sein. Also! Brett geschnappt und einfach mal los. Gefahren lauern schließlich überall. Fußgänger, Fahrräder und alle motorisierten Fortbewegungsmittel sind Hindernisse, die einen leicht aus der Bahn und von dem Brett werfen können. Laut Gesetz darf nur auf Bürgersteigen gefahren werden. Hier wären aber auch Konfrontationen vorprogrammiert.
Alternativen werden gesucht und gefunden. Der Vulkanradweg ist wohl Deutschlands schönste Strecke für die langen Skateboards. Von Altenstadt Richtung Lauterbach. Eine 90 Kilometer lange, asphaltierte Bahnstrecke mit seichtem Gefälle, mitten durch Hessen. Das ist ein Stück von Göttingen weg. Also wird sich in und im Umland von Göttingen umgeschaut. Das Kerstingröder Feld, die Herzberger Landstraße, der Bereich der Norduni samt Nikolausberg und diverse Radwege an den Hauptstraßen sind bekannte Strecken. Unterschiedliches Gefälle und relativ glatter Untergrund bieten verschiedene Schwierigkeitsgrade, welche mit Vorsicht zu genießen sind. Apropos „Vorsicht“: Schutzkleidung ist ein Muss. Helm, Ellenbogen- und Knieschützer sollten getragen werden. Alternativ gibt es noch Protektoren für den Oberkörper und Hände. Wichtig ist es, Strecken zu finden, die gut einsehbar sind. Zur Not platzieren sich Freunde mit Funkgeräten an Ecken, wo doch mal ein Auto oder dergleichen kommen könnte.
Das Gefühl.
Das entspannte Stehen. Die Kontrolle des Bretts unter den Füßen. Der Wind. Das befreiende Gefühl. Das Carven, eine Technik beim Bergabfahren. Draußen sein. Sport treiben. Das Gefühl, dass der Körper langsam fitter wird.
Das alles mit einem rollenden Surfbrett.
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