Die Göttinger „KlapseCru“ als Newcomer vorzustellen ist eigentlich falsch, schließlich existieren sie bereits seit mehr als zehn Jahren. Außerhalb der Hip-Hop-Szene sind sie allerdings den wenigsten Göttingern ein Begriff. Vor kurzem erschien ihr Video „MegaPsyxzzz“ mit pumpenden Beat und präzisen Battle-Lyrics – Leben 37 nahm das zum Anlass, sich mit dem Trio zu unterhalten.
Man traf sich am Jugendzentrum Hufe, an dem der befreundete Göttinger Graffiti-Artist Marty Mackfly einige Stunden zuvor ein Bild für die Jungs gesprüht hatte. Da es während des Interviews anfing, in Strömen zu regnen, musste die zweite Hälfte des Interviews unter einer nahe gelegenen Brücke weitergeführt werden.
Wie lange gibt es eigentlich schon die KlapseCru?
Kool B-Boy Fresh: Nilsmann und ich treffen uns seit 1998 zum Rappen. Ich glaube, KlapseCru gibt es seit 2000 und Prima MC haben wir 2005 auf dem Splash-Festival getroffen.
Prima MC: Nilsmann kannte ich ja schon vorher, da gibt es auch eine nette Anekdote: Ich saß vor dem ehemaligen elektroosho und Nilsmann war da – mir war bekannt, dass er rappt. Auf jeden Fall haben wir dann jeweils ein paar Parts gerappt und Nilsmann meinte danach: „Alter, du hast voll keinen Flow!“ Zwar dachte ich mir einerseits: „Fick dich!“, andererseits habe ich mich die nächsten zwei Jahre hardcore-mäßig auf den Flow konzentriert. Zwischenzeitlich habe ich ja in Würzburg gelebt – als ich dann aus Würzburg zurück kam, konnte ich nun wirklich flowen. Das nächste Mal, als wir uns gesehen haben, haben wir direkt einen Feature-Track gemacht und ich merkte einfach: Der Vibe stimmt! Seitdem bin ich Mitglied der KlapseCru. Vor ein paar Jahren bin ich zwar nach Hamburg gezogen, dennoch komme ich immer wieder gerne nach Göttingen.
Und wann habt ihr jeweils konkret mit dem Rappen begonnen?
Kool B-Boy Fresh: 1996.
Prima MC: Ich habe 1997 angefangen als Amir P, zusammen mit Neily F, in Bad Sachsa, da wo ich herkomme. An dieser Stelle muss ich props an meinen Mann Neillor geben, der jetzt auch in Göttingen wohnt. 1998 haben wir dann irgendwann die Crew „Schädel Basis Bruch Patent“ gegründet und einen Auftritt in unserer Realschule gehabt – richtig assi, aber irgendwie geil.
Nilsmann: Ich habe erst angefangen mit Malen, dann ein bisschen gebreakt und nebenbei habe ich immer ein bisschen Texte geschrieben – das erste Mal Rap aufgenommen habe ich 1996, damals noch Britcore, auf englisch. 1998 hatte ich auch eine Crew namens „BTM37“, das hat sich dann aber verlaufen und irgendwann kam die KlapseCru.
Wie kommt man eigentlich auf den Namen „KlapseCru“?
Nilsmann: Martin hatte Geburtstag und wir waren total besoffen und haben gefreestylt; währenddessen fiel irgendwann der Satz: „Ich bin so krank, ich muss in die KlapseCru!“ Das war die Geburt des Namens – aus einem Freestyle heraus.
Prima MC: Wusste ich gar nicht.
Kool B-Boy Fresh: Ich kann mich auch gar nicht mehr daran erinnern.
Nilsmann: Du warst ja auch besoffen!
Ihr selbst sagt, dass ihr für harte Punchlines mit Humor zwischen den Zeilen steht – was soll das heißen?
Prima MC: Ja, das habe ich mir ausgedacht, weil unsere Musik schwer zu beschreiben ist. Wenn man sagt, „ich mache Battle-Rap“, dann sagen die Leute, „ich kenne Battle-Rap!“. Das Ding ist, „KlapseCru“ ist komplexer als das pure „Battle-Rap-Ding“. Zwar ist es einerseits brachialer Battle-Rap, andererseits haben wir immer einen gewissen Wortwitz mit drin, bei dem die Leute merken, dass wir uns darüber tot lachen, was wir schreiben – wenn die Leute nicht genau zuhören, dann checken sie es nicht.
Nilsmann: Das ist manchmal geil beim Einrappen. Wenn einer von uns eine Line hat, die unglaublich komisch ist, müssen wir zum Teil 50 Takes machen, da man sich immer wieder an derselben Stelle verhaspelt und anfängt zu lachen. Aber insgesamt haben wir mehr drauf als dieses Battle-Ding.
Wer inspiriert euch? Habt ihr irgendwelche Vorbilder?
Kool B-Boy Fresh: Ich finde „Brooklyn Academy“ ganz geil, außerdem habe ich ziemlich viel Cage von den „Smut Peddlers“ gehört.
Nilsmann: Aus Deutschland haben mir die ersten „Dynamite Deluxe“-Sachen ganz gut gefallen. Als Samy hochkam mit seinen ersten Releases, habe ich das ziemlich abgefeiert. Als Vorbild würde ich ihn allerdings nicht bezeichnen, aber er hat die Sache damals auf ein anderes Level gehoben.
Prima MC: Mein größtes Vorbild ist Eminem, der Marilyn Manson des Rap. Marilyn Manson finde ich ja auch geil – die beiden verbindet ja irgendwie auch eine Geschichte: Marilyn Manson wurde ja damals für dieses Columbine-Attentat verurteilt, nach dem Motto: Die haben ja alle Marilyn Manson gehört, daher wäre er Schuld daran. Eminem erwähnt das ja auch in einem Text, das fand ich ziemlich stark – so etwas haut Eminem einfach mal zwischendurch raus. Ansonsten finde ich Busta Rhymes sehr gut. In Deutschland finde ich momentan Lakman ziemlich cool.
Wie steht ihr zur derzeitigen Entwicklung im deutschen Rap?
Kool B-Boy Fresh: Ich bin jetzt auch nicht mehr so up to date. Also ich glaube, viel kommt momentan über so Internetportale wie Rappers.in und so. Da habe ich mir allerdings nur Final-Runden angeguckt oder Leute, von denen etwas zu erwarten ist, wie Prima MC, der ja leider ausgeschieden ist.
Prima MC: Ja, stimmt. Aber das mit dem VBT ist egal. Ich habe mir gedacht, wenn ich ausscheide, dann habe ich viel Freizeit und wenn ich gewinne, dann fühle ich mich gut. Ich habe irgendwie knapp elf zu zwölf verloren und der Gegner war auch ganz okay. Dann war es ja auch noch so, dass das Instrumental während der Aufnahme zu schnell gelaufen ist und so. Aber VBT ist eine Plattform, die auch gute Leute wie Lance Butters, Weekend und BattleBoi Basti herausgebracht hat – eine Entwicklung, die aus dem Internet entstanden ist.
Gibt es in Göttingen eigentlich eine Rap-Szene?
Nilsmann: Ja, die gibt es. Es gibt mehrere Cliquen, die das allerdings sehr für sich machen. Wir haben noch einige am Start. Zum Beispiel Rorschach, Ck-1, Para, Nariman, Boothbrothers.
Prima MC: Karate Andi ist übrigens auch aus Göttingen, der ist in Berlin bei „Rap am Mittwoch“ ziemlich steil gegangen. Es gibt hier gute Leute und viel Potenzial, aber das ganze Drumherum fehlt – es gibt keine Jams. In anderen kleineren Städten wie Würzburg wird das anders gehandhabt, da gibt es öfters Veranstaltungen.
Nilsmann: Ich habe auch den Eindruck, dass sich die einzelnen Cliquen zum Teil meiden oder gar haten.
Kool B-Boy Fresh: Oder sich gar nicht kennen lernen, da es keine Partys gibt, außer jetzt seit neustem im Stilbrvch.
Stellt euch vor, ihr könntet euch einen Rapper für einen Feature-Track auswählen – wen würdet ihr nehmen?
Nilsmann: Feinkostparanoia, auf die hätte ich Bock. Ansonsten Ill Bill.
Prima MC: Ich würde Lakman und Samy featuren oder mal Lance Butters. Ansonsten feature ich nur mich selber: Prima heißt rückwärts Amir P und das ist auch noch ein Rapper.
Kool B-Boy Fresh: Aus Deutschland würde ich am liebsten Stieber Twins oder Aphroe featuren. Aus den USA würde ich, glaube ich, Cage nehmen. Mit Kid Caustic würde ich gerne mal freestylen, vielleicht auch einen Track aufnehmen, sofern er gut genug ist (allgemeines Gelächter).
Prima, du rappst häufig Double- und Tripletime – das können nicht allzu viele – wie lange musstest du üben, um das zu können?
Prima MC: Ich habe seit 1997 immer gefreestylt. Mit Doubletime fing es in Würzburg an. Beim Tripletime läuft es wie bei einem Zug, auf den ich aufspringe – manchmal bleibe ich drauf und rolle und manchmal falle ich runter.
Was liegt bei euch als nächstes an?
Nilsmann: Wir machen jetzt erst mal ein KlapseCru-Album fertig. Außerdem mache ich zusammen mit Para ein Album, „Panik“ heißt das. Ich habe einige Sachen am Laufen, ich mache ja auch die Beats. Wir haben noch so viele Tracks herumliegen, ein paar hundert. Das „Malle-Tape II“ wollten wir auf jeden Fall auch noch machen – unser Alkopop-Seitenprojekt.
Prima MC: Das ist wirklich was für Après-Ski-Partys, nur in räudiger niveauloser Klapse-Version. Das erste hatten wir komplett besoffen aufgenommen; Nilsmann hat so einen krassen Mesh-Up von lauter 90er Dancefloor-Dingern gemacht und wir haben darauf gesungen. Es gibt auch Leute, die haben zu uns gesagt: „Jungs, ihr macht echt schönen Battle-Rap, aber haut doch bitte noch mal ein Malle-Tape raus!“
Kool B-Boy Fresh: Ich kann mich an einen Zeitungsartikel erinnern, in dem ein Journalist einen Auftritt von uns gesehen hat. Darin stand, dass es toll wäre, wenn man auch mal eine zweite Textzeile von der KlapseCru verstehen könnte (räudiges Gelächter bricht aus).
Gibt es sonst noch irgendwas, das ihr loswerden wollt?
Kool B-Boy Fresh: Props an alle 37er und danke an Mackfly, der uns das freshe Bild gemalt hat.
Prima MC: Grüße an unseren Layouter Burner!
Nilsmann: Ich danke meiner Familie, Gott, meinen Manager und weiß der Geier, wen noch alles.
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