2014, das Jahr ihres zehnjährigen Bestehens, feiern I-Fire aus Hamburg mit einem neuen Album. „Salut!“ klingt fröhlich und tief zugleich, ganz so, wie die Jungs es sich auf die Fahne geschrieben haben. Leben 37 traf die Sänger Robert „Rawbird“ Schlepper, Nils „Dub-Ill-You“ Wieczorek und Fritz „Free“ Kschowak bei ihrem Konzert am 11. Juli 2014 im Heimathafen und erfährt, wie es so ist mit einer neunköpfigen Band ein ganzes Jahrzehnt zu arbeiten.
Glückwunsch zum Zehnjährigen! Habt ihr kräftig Jubiläum gefeiert?
Rob: Eine offizielle Feier gab es nicht, aber die Release-Party von „Salut!“ mit all unseren Freunden in Hamburg kam dem schon sehr nahe. Wir feiern sowieso das ganze Jahr und stoßen an auf diese zehn Jahre!
Spielt ihr am liebsten in Hamburg oder gefällt es euch überall?
Rob: Wir spielen am liebsten überall da, wo unsere Fans gerne hinkommen und feiern möchten. Es gibt keine „Number One-Location“.
Dub-III-U: Grundsätzlich gilt erst mal, irgendwo zu stehen und seine Mucke zu machen, ist gut. Es gibt Minuspunkte, aber es wird nie schlecht. Es macht immer Spaß, egal wie viele Leute da sind, egal, wie „grotte“ der Sound ist. Wenn man Bock drauf hat, macht man einfach das Beste draus.
Seid ihr noch aufgeregt, bevor ihr auf die Bühne geht?
Dub-III-You: Das ist eher so ’ne Art Vorfreude. Irgendwann entwickelt sich das, man weiß ja, was man kann.
Rob: Jetzt haben wir auch ein paar neue Songs im Set und das war bei den ersten Malen, als wir sie performt haben, noch mal etwas aufregender. Je weniger ich glaube, das kontrollieren zu können, was vor mir liegt, desto aufgeregter bin ich.
Habt ihr Lieblingslieder? Oder Lieder, die beim Publikum besonders gut ankommen?
Rob: Das sind zwei unterschiedliche Sachen. Meine Lieblingslieder sind nicht unbedingt die, die beim Publikum am besten ankommen. Klar gefallen mir manche Lieder besser, als andere. „Sonnenfinsternis“ zum Beispiel liegt mir sehr, was Melodie und Message angeht. „Salut“ ist ganz anders, ein bisschen leichter, eher zum Feiern geeignet. Das sind eindeutig Lieblingslieder. Beim Publikum kommt „Zwischen Frühling und Herbst“ richtig gut an. Aber siehst du, wir sind neun Leute in der Band und da muss man Kompromisse eingehen. Für die Platte „Salut!“ haben wir 38 Songideen gehabt und mussten eine Auswahl treffen, die allen gefällt.
Wie entsteht ein Lied in einer Gruppe von neun Leuten? Werft ihr alle eure Ideen in einen Topf?
Dub-III-You: Ja, zum Beispiel. Es kann aber auch passieren, dass jemand ganz konkret mit ’ner Idee kommt. Es fallen mir drei Akkorde ein oder die Band jammt heute und morgen zeigen sie uns Sängern, was ihnen eingefallen ist. Wie auch immer man neun Leute kombiniert, alles ist möglich (lacht).
Rob: Genau, es sind extrem unterschiedliche Entstehungsweisen. Manchmal sitzt auch einer im Studio und produziert was vor, einen Beat, den er unbedingt will. Dann wird das den anderen gezeigt und ein Text oder ein Thema dazu gesucht.
Habt ihr Vorbilder? Oder inspiriert euch etwas ganz besonders?
Dub-III-You: Da wären wir wieder bei den neun Köpfen. Es sind neun unterschiedliche Leute, die zum Teil aus unterschiedlichen Musikrichtungen kommen und alle Einfluss haben. Eine Idee vom Keyboarder klingt ganz anders als eine vom Bassisten oder von Rob. Das macht auch unsere Alben so spannend und die Lieder so unterschiedlich.
Eure Zusammenarbeit muss ja chaotisch sein. Schon fast eine Sozialstudie.
Rob (lacht): Ja, das ein oder andere Mal auf jeden Fall. Es gibt immer Ups und Downs und das Zusammenarbeiten … da haben wir schon unser bekanntes Procedere. Jedenfalls meistens. Mit der Zeit ist es leichter geworden, miteinander Musik zu schreiben und Mechanismen zu entwickeln. Auf der anderen Seite bin ich persönlich auch immer dankbar für frischen Wind. Wenn zum Beispiel ein befreundeter Musiker kurz mitarbeitet. Das haben wir übrigens auch auf der neuen Platte ausprobiert.
Ein langer Prozess also …
Rob: Ja klar, wir sind eben neun verschiedene Köpfe, zwar alle basisdemokratisch organisiert, aber auch …
Dub-III-You: … kritisch (lacht). Man sagt, was einem gefällt und was einem nicht gefällt. Man sagt nicht zueinander, „das ist scheiße“. Vielleicht ist das das Geheimnis, dass es schon so lange funktioniert: Respekt. Jeder gesteht seine eigene Meinung ein und versucht, einen Kompromiss zu finden. An den müssen sich die überstimmten Personen dann auch halten, und das funktioniert sehr gut.
Rob: Es ist wichtig, Gegenlösungen präsentieren zu können. Sonst wird es destruktiv. Daran arbeiten wir zu neunt immer ganz stark. Wir passen aufeinander auf.
Zwischen euren Alben ist immer ziemlich viel Zeit vergangen. Braucht ihr auch mal eure Ruhe von der Musik?
Rob: Da greift, glaube ich, eher die Tatsache, dass wir neun Leute sind und alle mit den Songs zufrieden sein müssen.
Dub-III-You: Wir produzieren ein Album, dann promoten wir das ein Jahr lang. Wir sind ja keine große Firma, wir sind independent und wir brauchen auch einfach ein bisschen mehr Zeit, um mit so einem Album unterwegs zu sein. Es wäre schade, jedes Jahr ein neues Album zu machen, weil ich glaube, dass vielen Leuten was entgehen würde und uns selber vielleicht auch. Wir bezahlen das alles aus eigener Tasche und müssen halt mit den Touren das Geld für das nächste Album einspielen. So traurig das auch ist.
Rob: Zum Beispiel haben wir jetzt schon ganz oft gehört, dass auf dem neuen Album nur Spaßsongs drauf wären. Uns ist es ja auch ganz wichtig, etwas Positives zu transportieren. Aber wir verstecken meistens ’ne Message in den Liedern. Und ich hege den Anspruch an unsere Fans und die, die unser Album hören, dass sie sich doch noch mal hinsetzen und zuhören und merken, dass es eben nicht nur um Spaß, sondern um Tiefe geht.
Hat es euch Mut abverlangt, Musik zu eurem Beruf zu machen? War euch immer klar, dass ihr Musik machen würdet?
Beide: War klar.
Dub-III-You: Es ist unser großes Glück, dass wir was mit unserer Musik verdienen, Band und Hobby finanzieren können. Aber wir haben alle ein Backup. Wir verlassen uns nicht zu hundert Prozent auf die Musik. Als Musiker ist es nicht einfach, auch wenn es sich durchaus lohnt. Es ist schön zu sehen, dass man über den Sommer weniger oder gar nicht arbeitet und Musik machen kann.
Rob: Genau, aber wir haben alle noch Jobs nebenbei. Es gibt auch ein paar in der Band, die Verantwortung haben und nicht nur für sich alleine sorgen müssen. Da ist es nicht möglich, sich auf eine neunköpfige Band und die zwei Monate zu verlassen, die man auf den großen Festivals verbringt.
Dub-III-You: Mal mehr Musik, mal weniger Arbeit, mal mehr Arbeit, mal weniger Musik. Aber es darf ruhig mehr Musik werden (lacht)!
Rob: Und ja, es verlangt uns jedes Mal wieder Mut ab, I-Fire so in unser Leben mit einzubeziehen. Eine große berufliche Karriere ist uns nämlich nicht vorbestimmt. Und Karriere gilt in dieser Gesellschaft ja immer noch als etwas sehr Erstrebenswertes.
Dub-III-You: Professor wird keiner, oder Abteilungsleiter. Wir bringen alle den Mut auf, das zu akzeptieren und stattdessen Musik zu machen. Wohin das führt, wer weiß das schon.
Für die letzten paar Minuten gesellt sich noch Fritz „Free“ Kschowak zu uns.
Jeder hat ja seine Rolle in der Band, aber tauscht ihr auch mal aus Spaß?
Free: Ja, manchmal werden schon mal Instrumente herumgereicht. Kommt aber selten vor, auf der Bühne bleiben wir immer bei der angestammten Rollenverteilung.
Wollt ihr provozieren mit Liedern wie „So high“?
Dub-III-You: Das ist echt ’ne Provokation gewesen (lacht).
Rob: Ich würde nicht sagen, dass es eine Provokation war, sondern eine Verteidigung. Die Regeln in unserer Gesellschaft sind so festgefahren. Ich glaube, dass jeder individuell Bedürfnisse oder Lebensweisen hat oder entwickelt oder entwickeln möchte, die da nicht reinpassen. Dafür wird man immer gleich verurteilt. Und ich finde das manchmal etwas zu voreilig. Deshalb singe ich, um den Menschen Mut zu machen und ihnen auf eine witzige, spaßige Art und Weise dabei zu helfen zu verstehen, dass man vielleicht auch anders denken kann. Wenn sich jemand dadurch provoziert fühlt, dann ist das nicht gewollt. Aber Rücksicht möchte ich darauf auch nicht nehmen.
Habt ihr nur die Tour im Kopf oder werden schon neue Pläne geschmiedet?
Dub-III-You: Der Sommer gehört auf jeden Fall dem neuen Album und dem Spielen und Touren dazu. Aber spätestens wenn die Tage kürzer werden, macht man sich prinzipiell Gedanken um das nächste Jahr und auch um neue Songs. Es hört nie auf. Aber 2014 gehört noch mal ganz „Salut!“, zehn Jahre I-Fire. Die Leute sollen unbedingt die Platte hören und zum Konzert kommen. Das Album ist top, wunderbar, beste Vorbereitung auf die Live-Show – und da geht’s rund!
Rob: Übrigens, jeder der unsere Platte kennt, kennt noch nicht alles von I-Fire. I-Fire ist zehn Jahre alt und wir haben dieses Jahr wieder einen großen Schritt gemacht. Stay tuned!
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